ACHTUNG: unbedingt vor der Aufnahme des Nebenjobs schlau machen... |
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/21650 (Auszug)
I. Altersberichterstattung und Auftrag an die Sachverständigenkommission
1. Altersberichterstattung
Die Altersberichterstattung geht zurück auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages vom 24. Juni 1994 (Bundestagsdrucksache 12/7992), der im Zusammenhang mit der Debatte über den Ersten Altersbericht für jede Legislaturperiode einen Bericht zu einem seniorenpolitischen Schwerpunktthema fordert. Es sollen Erkenntnisseüber die aktuelle Lebenssituation dieser Bevölkerungsgruppe gewonnen und die Öffentlichkeit darüber informiert werden. Insbesondere sollen der Fachöffentlichkeit und den politischen Instanzen zukunftsweisende Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Lage älterer Menschen gegeben sowie ein realistisches Bild von der Heterogenität des Alters in das öffentliche Bewusstsein vermittelt werden. Die Tradition der Altersberichterstattung umfasst sowohl Gesamtberichte zur Lebenssituation älterer Menschen als auch Spezialberichte zu besonderen Fragestellungen.
Die Erarbeitung der Berichte erfolgt durch Kommissionen, die mit Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachrichtungen besetzt und von der jeweiligen Bundesseniorenministerin oder dem Bundesseniorenminister berufen werden. Sie erstellen den Bericht in eigener Verantwortung und sind nicht an Weisungen gebunden. Unterstützt wird die Kommission durch eine Geschäftsstelle, die beim Deutschen Zentrum für Altersfragen, DZA, angesiedelt ist. Dem Bericht der Sachverständigenkommission wird eine innerhalb der Bundesregierung abgestimmte Stellungnahme zu den Ausführungen und Empfehlungen der Sachverständigenkommission vorangestellt. Zusammen bilden Sachverständigenbericht (Teil B) und Stellungnahme der Bundesregierung (Teil A) den jeweiligen Altersbericht der Bundesregierung.
Nach Übergabe des Berichts der Sachverständigen an die zuständige Bundessenioren-ministerin bzw. den Bundesseniorenminister wird die Stellungnahme der Bundesregierung zum Kommissionsbericht erarbeitet und durch das Bundeskabinett beschlossen. Anschließend erfolgt die Zuleitung an den Deutschen Bundestag als Auftraggeber für die Berichterstattung. Mit der darauf folgenden Erstellung der Bundestagsdrucksache erfolgt die Veröffentlichung des Gesamtberichts.
Der Erste Altersbericht wurde im Jahr 1993 vorgelegt und lieferte erstmals eine umfassende und differenzierte Analyse der Lebenssituation älterer Menschen. Es folgten 1998 ein Bericht zum Schwerpunktthema „Wohnen im Alter“, 2001 erneut ein Gesamtbericht zur Lebenslage älterer Menschen in der Bundesrepublik Deutschland und 2002 ein Spezialbericht zu Hochaltrigkeit und Demenz. Der Fünfte Altersbericht behandelte die vielfältigen Potenziale älterer Menschen in Wirtschaft und Gesellschaft, der 2010 folgende Sechste Altersbericht untersuchte „Altersbilder in der Gesellschaft“ und 2017 standen die älteren Menschen in der Kommune im Mittelpunkt des Berichts zu „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“.
2. Auftrag an die Sachverständigenkommission
Mit der Digitalisierung und besonders mit der Entwicklung und Verwendung von Technik für das Leben im Alter wird vor allem die Hoffnung verbunden, das Alltagsleben und die Versorgung älterer Menschen verbessern zu können. Mit ihren Potenzialen und besonderen Nutzungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet ist sie auch ein Treiber für Forschung und für technologische Entwicklungen. Produkte und Dienstleistungen haben damit wirtschaftliches Potenzial, Unternehmen positionieren sich auf entsprechenden Märkten. Im Gesundheits- und Pflegebereich versprechen technische Produkte Entlastung und Unterstützung des Fachpersonals und pflegender Angehöriger sowie möglicherweise auch ein Potenzial für Kostensenkungen.
Vor dem Hintergrund wurde die Achte Altersberichtskommission damit beauftragt zu untersuchen, inwieweit das Leben älterer Menschen mithilfe der Digitalisierung tatsächlich verbessert werden kann. Die am 23. August 2018 berufene, interdisziplinär zusammengesetzte Achte Altersberichtskommission unter Leitung von Professor Andreas Kruse hatte den Auftrag, Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige Seniorenpolitik unter den Bedingungen der Digitalisierung zu erarbeiten. In ihrem Bericht unter der Überschrift „Ältere Menschen und Digitalisierung“ sollten die Sachverständigen zum einen untersuchen, wie sich die Ist-Situation heute darstellt und zum anderen erstrebenswerte Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, die Technik und Digitalisierung für die Lebensbereiche Wohnen und Mobilität, Kommunikation und soziale Beziehungen, pflegerische und gesundheitliche Versorgung und – anknüpfend an den vorangegangenen Siebten Altersbericht – auch für die Quartiers- und Sozialraumentwicklung haben können.
Dabei sollte ein differenzierter Blick auf unterschiedliche Lebenslagen im Alter geworfen werden: Zwischen verschiedenen Gruppen älterer Menschen gibt es zum Teil große Unterschiede, die für Zugang zu, Nutzung und Wirkung von digitalen bzw. technischen Anwendungen entscheidend sein können. Materielle Ressourcen, Bil-dung, Kompetenzen, Erfahrungen, Einstellungen und auch die geografische Lage des Lebensmittelpunkts spielen hierbei eine Rolle. Auch die unterschiedliche Situation von älteren Frauen und Männern sollte im Hinblick auf Zugang und Nutzung Berücksichtigung finden.
Anknüpfend an den Sechsten Altersbericht soll der Achte Altersbericht auch für die Altersbilder sensibilisieren, von denen die Debatten über das Verhältnis älterer Menschen zu Digitalisierung und Technik, aber auch die Entwicklung zahlreicher altersbezogener Technologien und Produkte geprägt sind. So lassen sich häufig einseitigeBilder von vermeintlich technikscheuen Älteren finden; zugleich liegen der Entwicklung von Produkten mit neuen Möglichkeiten oft vereinfachte Vorstellungen von altersbedingten Einschränkungen und einem sinnvollen Um-gang mit ihnen zugrunde.
Je mehr Möglichkeiten Digitalisierung und Technik bieten, desto drängender stellen sich ethische Fragen: Wie kann sichergestellt werden, dass mit den gegebenen technischen Möglichkeiten die Bedürfnisse des betroffenen Menschen angemessen befriedigt werden? Wie kann eine ethisch vertretbare Abwägung zwischen Vor- und Nachteilen des Einsatzes einer bestimmten Technologie erfolgen? Auch Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung spielen hier eine wichtige Rolle. Im Sinne der Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung sollte der Mensch im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.
Die Sachverständigenkommission sollte auch untersuchen, wie es gelingen kann, dass Menschen und Organisationen den digitalen Wandel aktiv selbst gestalten können mit dem Ziel, eine lebenswerte digitale Gesellschaft für alle Generationen zu schaffen.
Die zu gleichen Teilen von Frauen und Männern besetzte zehnköpfige Altersberichtskommission hat während der Erarbeitungsphase Fachgespräche, Workshops und Anhörungen mit Seniorenorganisationen sowie weiteren Expertinnen und Experten aus Politik, Verbänden, Ministerialverwaltung und Wissenschaft durchgeführt. Es wurden zehn Expertisen zu unterschiedlichen Themenstellungen in Auftrag gegeben. Darüber hinaus konnten die Expertinnen und Experten auf einen großen Erfahrungsschatz aus konkreten Projekten zurückgreifen, die den Bericht mit sehr praktischen Hinweisen aus Sicht der älteren Menschen bereichern.
Die Bundesregierung dankt der Kommission und ihrem Vorsitzenden Professor Andreas Kruse sowie der Geschäftsstelle für die Altersberichte der Bundesregierung am Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) für die Bearbeitung des aktuellen und für unsere Gesellschaft so bedeutsamen Themas „Ältere Menschen und Digitalisierung“. Der Dank gilt auch den Expertinnen und Experten, die mit Gutachten, über Workshops, Fachgespräche oder andere Beiträge die Arbeit der Kommission sehr gut unterstützt haben.
Die Bundesregierung konzentriert sich in ihrer Stellungnahme auf die Feststellungen und Empfehlungen des Berichts der Sachverständigenkommission, die von besonderer politischer Relevanz für aktuelle und zukünftige Schwerpunktsetzungen sind. Auf diese Weise wird deutlich, in welchen Bereichen sie beabsichtigt, die Handlungsempfehlungen des Berichts aufzugreifen, soweit diese Angelegenheiten des Bundes sind.
In der Stellungnahme aufgeführte Maßnahmen oder daran anknüpfende zukünftige Maßnahmen, die finanzielle Belastungen oder personelle Mehrbedarfe zur Folge haben, sind – vorausgesetzt es besteht hierfür eine Kompetenz des Bundes – nur umsetzbar, wenn sie innerhalb der betroffenen Einzelpläne bzw. im Politikbereich vollständig und dauerhaft gegenfinanziert bzw. kompensiert werden.
Zu Aussagen und Schlussfolgerungen des Berichts, zu denen sich die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme nicht äußert, kann weder von ihrer Zustimmung noch von ihrer Ablehnung ausgegangen werden.
II. Politik für ältere Menschen in der digitalen Gesellschaft
Der Achte Altersbericht stellt mit der Digitalisierung einen gesellschaftlichen Megatrend und seine Bedeutung für die Gruppe der älteren Menschen in den Mittelpunkt. Er reiht sich damit in dieser Legislaturperiode ein in die vom BMFSFJ verantwortete Berichterstattung zur Gesellschaftspolitik in anderen Bereichen, vor allem zur Gleichstellungs- und zur Engagementpolitik: Der Dritte Gleichstellungs- und der Dritte Engagementbericht behandeln, jeweils auf ihr Kernthema fokussiert, das Thema Digitalisierung. Die Berichte machen deutlich, dass der digitale Wandel für Menschen und Organisationen aktiv gestaltet werden muss. Der sich rasant vollziehende Prozess der Digitalisierung muss dabei die Menschen – gleich welchen Alters – in den Mittelpunkt stellen.
Die Digitalisierung verändert die Art zu leben für alle Generationen grundlegend und in großer Geschwindigkeit. Die Frage lautet nicht, ob wir zu einer digitalen Gesellschaft werden, sondern vielmehr wie es uns gelingt, den Wandel so zu gestalten, dass die Digitalisierung ihre Versprechen für ein besseres Leben und eine lebendige Demokratie einlöst.
Durch die Corona-Pandemie ist die Frage, wie die Digitalisierung das Leben im Alter verändert und wie digitale Technologien das Leben im Alter verbessern können, noch wichtiger und drängender geworden als vorher. Persönliche Erfahrungen vieler und die aktuelle Berichterstattung in den Medien legen nahe, dass im Alltag vieler älterer Menschen durch die Corona-Pandemie eine Art Digitalisierungsschub mit Blick auf digitale Kommunikationsmöglichkeiten stattgefunden hat. Dies bedarf aber perspektivisch noch einer näheren Betrachtung.
Diese Entwicklung für Bürgerinnen und Bürger in jedem Lebensalter noch stärker nutzbar zu machen und zu gestalten für ein besseres und aktives Leben und mehr Teilhabe, ist Ziel der Gesellschaftspolitik der Bundesregierung.
Dabei müssen digitaler und demografischer Wandel zusammen gedacht werden. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten deutlich steigen. Für diesen Personenkreis bieten der (bessere) Zugang zu digitalen Angeboten und die Kompetenz zu ihrer Nutzung besondere Chancen für mehr Teilhabe, Lebensqualität und Sicherheit. Digitalisierung unterstützt damit ein selbstbestimmtes Leben im Alter – ein wichtiges Handlungsfeld der Demografiestrategie der Bundesregierung.
Für eine Politik für und mit Seniorinnen und Senioren bedeutet dies, dass ihre Bedürfnisse, aber auch ihre Kompetenzen in alle Überlegungen zur Gestaltung der digitalen Welt einbezogen werden müssen. Nur so kann die immer weiter voranschreitende Digitalisierung zu einem guten Leben im Alter beitragen.
Aus den seit 2002 und zuletzt 2017 erhobenen Daten des Deutschen Alterssurvey (DEAS) wissen wir, dass viele Ältere Zugang zum Internet haben und damit der Einstieg in die digitale Welt mehr und mehr auch der älteren Generation gelingt. Nach Altersgruppen unterschieden gilt das 2017 für die 61- bis 66-Jährigen zu fast 90 Prozent, für die 67- bis 72-Jährigen zu fast 81 Prozent, für die 73-bis 78-Jährigen zu fast 65 Prozent und für die 79- bis 84-Jährigen immerhin noch zu fast 40 Prozent.
Dadurch ist klar, dass viele ältere Menschen die Möglichkeiten des Internets nutzen können und damit auch die Voraussetzung für weitere Anwendungen gegeben ist. Gleichzeitig legen die Zahlen nahe, dass Ältere sich eben nicht nur skeptisch gegenüber den technischen Entwicklungen verhalten, sondern viele von ihnen der Digitalisierung gegenüber offen erscheinen und darin Chancen sowie Nutzen sehen.
Zudem bedeutet die Digitalisierung der Gesellschaft, dass selbst diejenigen, die nicht „online“ sind, von der Digitalisierung betroffen sind. Alle gesellschaftlichen Bereiche werden von digitalen Technologien durchdrungen und durch sie geprägt. Die Digitalisierung hat zum Beispiel Einfluss auf lokale Versorgungs- und Einkaufsstrukturen, wenn mehr und mehr Einkäufe online getätigt und Verwaltungsdienstleistungen online in Anspruch genommen werden. Gerade für ältere Menschen können darin Vorteile liegen, wenn z. B. beschwerliche Einkaufswege eingespart werden können, oder aber Nachteile, wenn dadurch Möglichkeiten zur Begegnung und zum Austausch verloren gehen. Digitalisierung ist daher in ihren Auswirkungen nicht abschließend bewertbar. Vielmehr wächst der Bedarf, die Auswirkungen digitaler Technologien auf soziale Strukturen in den Blick zu nehmen und aktiv zu gestalten.
Angesichts der rasanten Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten gibt es auch weiter großen Bedarf, gerade ältere Menschen im Hinblick auf Nutzung und auch optimale zielgruppengerechte Gestaltung der Technik zu unterstützen. Dabei geht es nicht nur um eine sichere Bedienung von technischen Hilfsmitteln und Geräten, sondern auch um deren reflektierte und gestaltende Nutzung, im Sinne der Kommissionsempfehlungen also um Digitale Souveränität. Diese bedarf für die Kommission eines Zusammenwirkens dreier Ebenen: der Individuen, von Organisationen, Institutionen und Netzwerken sowie angemessener gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Auch wenn z. B. die Generation der Babyboomer im Berufsleben bereits Erfahrungen mit digitaler Technik machen konnte und aktuell schon sicher im Umgang damit sein dürfte, so entwickeln sich die technischen Möglichkeiten so schnell weiter, dass es auch künftig darauf ankommen wird, nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben technisch auf dem Laufenden zu bleiben.
Anliegen der Bundesregierung ist insbesondere, allen älteren Menschen die Chancen der Digitalisierung zu eröffnen: gleich welchen Geschlechts, unabhängig von Bildungsstand und Einkommen sowie vom Wohnort oder ob eine Behinderung vorliegt oder nicht. Die digitale Kluft darf nicht größer, bestehende Ungleichheiten dürfen nicht vertieft, sondern sie müssen abgebaut werden.
Die Bundesregierung hat sich auf der Grundlage der Arbeiten der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ (KomGL) ausdrücklich zur Notwendigkeit bekannt, Breitband und Mobilfunk flächendeckend auszubauen, denn gleichwertige Lebensverhältnisse verlangen eine zeitgemäße, flächendeckende Breitband- und Mobilfunkversorgung. Ein Land der zwei Geschwindigkeiten ist nicht akzeptabel. Gleichwertige Bedingungen, die es ermöglichen, umfassend an den Möglichkeiten der Digitalisierung teilzuhaben sind Ziel der Bundesregierung. Daher unterstützt der Bund den Ausbau von Glasfasernetzen in Gebieten, in denen es für Unternehmen ohne staatliche Förderung nicht wirtschaftlich wäre, gerade im ländlichen Raum. Die Erreichung des Gigabitziels der Bundesregierung sowie ein durch den Staat vorangetriebener Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur – auch dort, wo es keinen privatwirtschaftlichen Ausbau gibt – sind hierbei von zentraler Bedeutung, damit auch die Menschen und Unternehmen in den ländlichen Räumen in gleicher Weise von der Digitalisierung profitieren können. Die Bundesregierung hat im November 2019 ihre Mobilfunkstrategie veröffentlicht, mit der das Ziel einer flächendeckenden Versorgung in Deutschland mit mobilen Sprach- und Datendiensten erreicht werden soll. Die bereits bestehenden Versorgungsauflagen und vertraglichen Vereinbarungen werden zu einer Abdeckung von rund 99,7 Prozent der Haushalte und 95 Prozent der Fläche führen. Trotzdem werden über 4.000 sog. weiße Flecken übrigbleiben, in denen aufgrund der mangelnden Wirtschaftlichkeit keine Versorgung mit mobilen Sprach- und Datendiensten möglich ist. Um auch diese Gebiete zu erschließen, setzt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ein Förderprogramm mit einem Volumen von 1,1 Mrd. Euro auf, das den Ausbau von rund
5.000 Mobilfunkstandorten zur Erschließung dieser weißen Flecken voranbringen soll. Ergänzend dazu werden über 60 Maßnahmen zur Beschleunigung des Mobilfunkausbaus auf den Weg gebracht.
Um die Kommunen und Telekommunikationsunternehmen bei der Erschließung neuer Mobilfunkstandorte zu unterstützen, sieht die Mobilfunkstrategie die Gründung einer Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) vor. Der 5G-Ausbau soll massiv beschleunigt und bis 2025 ein flächendeckendes 5G-Netz in ganz Deutschland aufgebaut werden. Dafür sollen dem Sondervermögen Digitale Infrastruktur fünf Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Umsetzung wird auch durch die neue MIG des Bundes begleitet. Deren Gründung erfolgt, wenn die Voraussetzungen nach § 65 BHO erfüllt sind und die qualifizierte Haushaltssperre der Mittel durch den Bundestag aufgehoben wurde.
2018 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) die „Digitale Agenda“ für eine lebensWerte Gesellschaft“ vorgestellt. Anfang 2019 richtete sie das Innovationsbüro Digitales Leben ein. Das Innovationsbüro unterstützt das BMFSFJ bei der Entwicklung von abteilungs- und zielgruppenübergreifenden Projekten und der Vermittlung der notwendigen digitalen Kompetenzen. Ein alle Abteilungen des Ministeriums übergreifender Workshop zum Thema „Digitale Ethik“ ist ein Beispiel dafür, wie diese Gestaltungsaufgabe methodisch unterstützt, und wie politische Handlungskonzepte entwickelt werden können. Das Innovationsbüro bietet zudem durch seine regelmäßig stattfindende Innovationswerkstatt, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung in Politik und Zivilgesellschaft widmet, einen Austausch zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren und dem BMFSFJ. Die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer ist bei der Entwicklung wirkungsvoller digitaler Angebote unverzichtbar. Im Innovationsbüro werden deshalb unterschiedliche partizipative Formate (wie z.B. Hackathons) erprobt, bei denen auch der Beitrag älterer Menschen von großer Bedeutung ist.
Auch im Ehrenamt und bürgerschaftlichen Engagement gewinnt die Digitalisierung zunehmend an Bedeutung. Sie stärkt die Vernetzung, schafft neue Zugänge zum Engagement und hilft, insbesondere auch in ländlichen Räumen, Distanzen zu überwinden. Daher wird die im März 2020 gegründete „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ einen Arbeitsschwerpunkt auf die Stärkung der Digitalisierung in Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement legen, was auch älteren Menschen zugutekommen wird.
Die Umsetzungsstrategie der Bundesregierung zur Gestaltung des digitalen Wandels unterstreicht, welche Bedeutung dieser Prozess für die gesamte Bundesregierung hat. Sie bekennt sich hier auch zu ihrer besonderen Verantwortung, die älteren Menschen dabei zu unterstützen, mit der digitalen Entwicklung Schritt zu halten. Digitale Souveränität ist Ziel der Bundesregierung für alle gesellschaftlichen Gruppen, auch wenn nicht jeder einzelnen von ihnen in der Strategie ein eigenes Handlungsfeld zugeschrieben ist. Die Strategie adressiert durchgängig inhaltliche Handlungsfelder wie z. B. Kompetenz, Infrastruktur oder Gesellschaft im digitalen Wandel und nicht unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen. Auch werden in der Strategie mögliche Diskriminierungsrisiken digitaler Technologie wie etwa algorithmischer Systeme in den Blick genommen. Die Seniorenpolitik der Bundesregierung hat dabei die Bedeutung der Digitalisierung in den von der Kommission angesprochenen Lebensbereichen der älteren Menschen im Blick.
Die digitale Entwicklung braucht Leitlinien und Werte, nach denen sich der Einsatz von Technik im Alltag der Menschen ausrichtet. Ethische Fragen spielen insoweit in jedem Lebensbereich eine wichtige Rolle. Hierbei geht es um gemeinsame Klärung und Abwägung, wie weit technische Unterstützung zum Wohl der sie Nutzenden gereicht und aufgrund welcher Kriterien ein unzulässiger Eingriff in die Würde und Selbstbestimmung einer Person oder in Grundwerte unseres Miteinanders wie Menschlichkeit und Solidarität zu konstatieren und abzuwehren wäre.
Die Bundesregierung ist sich dieser Verantwortung bewusst und hat bereits im Juli 2018 die Datenethikkommission (DEK) mit dem Auftrag eingesetzt, innerhalb eines Jahres ethische Maßstäbe und Leitlinien sowie konkrete Handlungsempfehlungen für den Schutz des Einzelnen, die Wahrung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und die Sicherung und Förderung des Wohlstands im Informationszeitalter zu entwickeln. In ihrem Abschlussbericht geht die Datenethikkommission an verschiedenen Stellen auch auf die Potenziale und Risiken von digitalen Technologien für den Alltag und die Teilhabe älterer Menschen ein.
In Anbetracht der großen Bedeutung dieser Fragen wird die Bundesregierung den politischen und gesellschaftlichen Diskurs zu digitaler Ethik auch zukünftig fördern und zählt dabei auf die Unterstützung durch die Länder und Kommunen wie auch die Zivilgesellschaft. Die Behandlung des Achten Altersberichts im Bundestag undseiner Gremien kann den Diskurs vor allem politisch begleiten. Weitere Veranstaltungen für die (Fach-)Öffentlichkeit werden ebenfalls zur Verbreitung der Erkenntnisse und Empfehlungen der Achten Altersberichtskommission beitragen.
Es ist der Bundesregierung ein Anliegen zu verdeutlichen, dass der digitale Wandel Menschen in allen Lebensbereichen und in jeder Altersphase – und damit auch Seniorinnen und Senioren – immer stärker betrifft und sich alle Personengruppen in diesen Prozess mit einbringen müssen, um ihre Interessen selbst zu vertreten und die digitale Welt aktiv mit gestalten zu können. Digitale Technologien müssen dies unterstützen und dürfen ältere Menschen nicht diskriminieren.
Die Bundesregierung setzt dabei auf Offenheit und die Bereitschaft der älteren Menschen; sie unterstützt ausdrücklich den Appell der Sachverständigen zu deren Beteiligung. Denn nur wenn die älteren Menschen sich an der Gestaltung ihrer Lebensumwelt unter den Bedingungen der schnell voranschreitenden Digitalisierung beteiligen, können gesellschaftliche Rahmenbedingungen und die Angebote relevanter Organisationen älteren Menschen gegenüber angemessen und stärkend gestaltet und so die Voraussetzungen für deren Digitale Souveränität geschaffen und Potenziale für ein gutes Leben gehoben werden.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass Seniorinnen und Senioren mit ihrer Lebenserfahrung auch die mit Techniknutzung verbundenen Gefahren erkennen und klar benennen. Es wäre aber falsch, aus Sorge vor den Gefahren die Chancen erst gar nicht zu ergreifen. Die Befähigung älterer Menschen zur aktiven Gestaltung der Digitalisierung bietet dagegen die enorme Chance, gerade den Erfahrungsschatz älterer Menschen gewinnbringend für alle in die notwendigen gesellschaftlichen Debatten einzubringen.
Im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten sollten alle staatlichen Akteure gute Rahmenbedingungen für eine sichere und souveräne Techniknutzung schaffen und unterhalten. Die Bundesregierung wird prüfen, wie sich die von der Sachverständigenkommission aufgestellte Forderung nach Sicherstellung der digitalen Daseinsvorsorge auf allen staatlichen Ebenen umsetzen lässt.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Mobilität der Zukunft aktiv zu gestalten. Digitale Innovationen im Verkehrsbereich sollen eine moderne, saubere, barrierefreie und bezahlbare Mobilität in den Städten und auf dem Land ermöglichen. Hierfür bedarf es der Entwicklung neuer, innovativer Verkehrskonzepte. Der Digitalisierung der Verkehrssysteme, der Automatisierung und der Vernetzung kommen hierbei wesentliche Schlüsselfunktionen zu. Hierfür werden u. a. die rechtlichen Rahmenbedingungen weiterentwickelt und Forschungsförderung betrieben. Das BMVI arbeitet derzeit an einer Novellierung des Personenbeförderungsrechts, um einen sicheren Rechtsrahmen für plattformbasierte und bedarfsgesteuerte Beförderungsdienste zu schaffen und digital organisierte private Mitfahrgelegenheiten rechtssicher zu ermöglichen. Auch mit Blick auf ältere und mobilitätseingeschränkte Personen stehen im Mittelpunkt der Forschungsförderung u. a. Maßnahmen, die langfristig zur Steigerung der Verkehrssicherheit und insbesondere zur gesellschaftlichen Teilhabe beitragen. Dabei muss der Zugang zu neuen Mobilitätsangeboten zielgruppenorientiert ausgestaltet sein.
Seniorenpolitisch bedeutsam ist die Digitalisierung besonders für den Bereich der Gesundheit und Pflege. Ziel der Politik ist es, älteren Menschen ein gutes Leben bis ins hohe Alter zu ermöglichen, sie zu befähigen, eigenständig und selbstbestimmt zu leben und an der Gesellschaft bestmöglich teilzuhaben.
Digitale Technologien können einen Beitrag leisten, Gesundheitsversorgung und Pflege auch für ältere Menschen entscheidend zu verbessern. Digitale Patientenakten, die von den gesetzlichen Krankenkassen ab Jahresbeginn 2021 angeboten werden müssen, können zum Beispiel älteren Menschen bei der Dokumentation ihrer Krankengeschichte und Arzneimittel helfen und damit einen Beitrag leisten, die Sicherheit ihrer Versorgung zu erhöhen.
Auch von privaten Krankenversicherungen können digitale Patientenakten freiwillig angeboten werden. Telemedizin und Telepflege können zeitliche und räumliche Hürden abbauen und Expertenwissen besser verteilen. Videosprechstunden oder Telemonitoring-Anwendungen wie zum Beispiel Überwachungs- und digitale Messgeräte der Herzfunktion können gerade ältere Menschen unterstützen und helfen, unnötige Wege zum Arzt zu vermeiden und die Therapieverfolgung zu verbessern.
Voraussetzung der Digitalisierung in der Pflege ist die Akzeptanz bei Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen. Die Orientierung an den Bedürfnissen der Beteiligten steht daher im Vordergrund. So wird etwa im ersten Bericht des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf darauf hingewiesen, dass eine aktive Einbeziehung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen in die technische Entwicklung digitaler Assistenzund Kommunikationssysteme empfehlenswert ist.
Ein weiteres Ergebnis des Berichts ist, dass die Unterstützung der pflegenden Angehörigen und eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wichtige Zukunftsaufgaben sind.
Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren bereits wichtige Schritte unternommen, um die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbessern. Sie wird weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf prüfen und sich auch unter fachlichen und finanziellen Gesichtspunkten damit auseinandersetzen, ob und ggf. wie Angehörige entlastet werden könnten, damit sie weiter berufstätig bleiben und Pflegeaufgaben übernehmen können.
Die Digitalisierung birgt, richtig eingesetzt, ein erhebliches Potential zur Entlastung der beruflich Pflegenden in der ambulanten und stationären Altenpflege. Die vorliegenden Erfahrungen zeigen, dass besonders in den Bereichen der Pflegedokumentation, Abrechnung von Pflegeleistungen, Zusammenarbeit zwischen Ärzteschaft und Pflegeheimen sowie Dienst- und Tourenplanung digitale Angebote enorm entlasten können. Auch beim internen Qualitätsmanagement, bei der Erhebung von Qualitätsindikatoren und bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung kann die Digitalisierung zur Entlastung von beruflich Pflegenden beitragen. Die Pflegeversicherung unterstützt hier mit entsprechenden Fördermöglichkeiten.
Einen wesentlichen Beitrag zu einer erfolgreichen Gestaltung des digitalen Wandels zum Wohl der Menschen leisten auch die Zivilgesellschaft und die vielfältige Verbandslandschaft, insbesondere die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, in Deutschland. Sie bringen vielfältige Kompetenzen mit, die die digitale Gesellschaft in Deutschland auf eine ganz eigene Art und Weise prägen und bereichern können, zum Beispiel in der Altenhilfe, in der Sorgetätigkeit oder auch im freiwilligen Engagement.
Dies ist jedoch keine Einbahnstraße. Denn viele Seniorinnen und Senioren bringen Erfahrungen und Fertigkeiten mit, die gerade bei der Erhaltung und Stärkung sozialer Kompetenzen im Zeitalter der Digitalisierung Generationen übergreifend von großer Bedeutung sind und intensiv einbezogen werden sollten.
Die Bundesregierung möchte die Rolle der Verbände im digitalen Wandel stärken und die Zivilgesellschaft zum Mitgestalten der Seniorenpolitik in der digitalen Gesellschaft einladen.